Zambia hat tolle Strassen. Anstatt Kühe, Elefanten und Löwin tummeln
sich hier Kinder, Fahrräder und Polizisten. Jetzt schon der 3. Tag Regen. Ich
habe aber meine Reisepläne kurzfristig geändert. Irgendjemand gab mir den Tipp,
dass Malawi short in petrol sei. Die BMW verbraucht zwar wenig ( im Schnitt
bisher um die 5l/100km), aber 1200 km mit einer Tankfüllung das schafft auch
sie nicht. Außerdem soll es dort Malariamücken haben. Als Geheimtipp bekomme
ich den Rat eineo Schiffsreise mit der
M.V. Liemba zu unternehmen. Sie fährt
von Nordsambia auf dem Tanganyika-See
nach Kigoma, Tansania. Mit einer Länge
von 700km, einer durchschnittlichen Breite von 50 km und in seiner tiefsten
Stelle von 1470 ist er der längste und zweittiefste See der Erde. Kurz zur
Liemba. Sie wurde von den deutschen Kolonialherren 1914 in Fertigteilen nach
Kigoma über Land transportiert und dort zusammengebaut. Damals hies sie noch
"Götzen". 1916 fetteten die deutschen alle wichtige Maschinenteile
ein und versenkten das Schiff, damit es den Belgiern/Engländern nicht während
dem Krieg in die Hände fiel. 1924 wurde das Boot wieder gehoben und war nach
über 8 Jahren noch in einem erstaunlichen Zustand. Das 67m lange und 10m breite
Schiff (Zuladung 200 Tonnen und 400 Passagiere) ist heute das größte und
älteste Schiff auf allen
innerostafrikanischen Seen und auch eines der ältesten Passagierschiffe der
Welt. Nach meiner Meinung wurde bei den Sanitäreinrichtung nichts an der
ursprünglichen Zustand geändert, nach dem Geruch zu urteilen belies man es auch
bei der Erstreinigung vor 100 Jahren.
Erst einmal chronologischer Ablauf. Donnerstag, den 26.1 Aufbruch in
Livinstone, cash am Automaten gezogen, dann mit lokaler Währung zur
Wechselstube und in Dollars gewechselt. Dann ging es los Richtung Hauptstadt
von Sambia nach Lusaka. Mein Plan, die Fähre zu erreichen war sehr
ambitioniert: ca. 1500 km in 2 Tagen. Auf guten Strassen mit zigtausenden
Kindern am Strassenrand ging es zunächst relativ flott voran. Immer wieder wurde ich von sehr langsamen
LKWs (fast alle total überladen) ausgebremst. Im Schnitt alle 10 km ein
umgestürzter LKW (abgesichert wird mit Reisigbüschel, die man anstatt einem Warndreieck
ca. 50m vor der Unfallstelle auf die Straße legt, die dann anschließend aber
nicht weggeräumt werden) und dann immer wieder Straßenkontrollpunkte. Etwa 40
km vor Lusaka erwischt es mich. Flott auf der Mittelspur unterwegs, stoppt mich
ein Polizist. Er will von mir eine Viertelmillion Kwacha (ca. 60 Euro)Strafe
wegen Überholen auf durchzogener Spur.
Meinen Ausführungen, dass für Motorräder mit einer Geschwindigkeit von
über 200km/h international andere Gesetze gelten (d.h. solange man nicht mehr
als 1m die durchzogene Linie überschreitet), steht er mit großer Skepsis
gegenüber. Nach einigem Negotiation
(Verhandlung) einigen wir uns auf 50.000 Kwachas. Du mußt nur sagen, daß du kein cash mehr hast und nur mit Mastercard
zahlen kannst. Jedenfalls hat mich das ganze doch stark aufgehalten und ab 7
Uhr wird es auf einen Schlag dunkel. Ich steige in der besten Lodge und bestem
Zimmer (ca. 10 Euro) ab. Wieder einmal den ganzen Tag nix gegessen (zum Glück!
) Auf die Toilette willst du nicht freiwillig - hat auch kein Licht!. Die ganze
Nacht habe ich unter dem Malarianetz Angstzustände, dass mich kleine, agressive
Tiere beißen. Ab 23.00 Uhr regnet es heftig bis 5 Uhr morgens (meine Maschine
ist draußen im Hof im Matsch eingesunken, ich konnte sie nur mit Hilfe des
"Guards" vom Ständer bringen). Ich habe schon alle Hoffung aufgegeben
in dem strömender Regen die Fähre zu erreichen. Um ca. 6.00 Uhr hält mich hier
nichts mehr. So knapp 2 Stunden geschlafen und den Rest den Läusen bei ihrer
Unterhaltung zugehört und auf den Regen geachtet. Tank voll gemacht und dann
ging es los. Um 16.00 Uhr geht die Fähre ab. Ich muß aber noch vor der Abfahrt
zum sambischen Zoll Carnet abstempeln lassen und da das Passagierschiff keine
Fähre ist, muß das Motorrad per Schiffskran eingeladen werden. Das heißt 14.00
Uhr sollte ich spätestens am Hafen sein. 900 km nonstop. Alternative: über
schlammige, schlechten Straßen in 3 Tagen über Tansania Richtung Burundi und
dann immer das Regenrisiko mit muddy roads. Was dann folgte, behaupte ich ist
sambischer Rekord. No stopps, bei Kontrollpunkten hob ich nur die Hand, grüßte
kurz, verringerte kurz meine Geschwindigkeit, no time for discussions, no
papers. Gezahlt habe ich schon gestern. Ständig mein Schnitt auf dem Infosystem
im Blick, immer ein Auge für die ganzen Leute auf der Straße und die GS lief
wie ein Uhrwerk. Unterbrochen wurde meine Jagd immer wieder durch potholes (ca.
30-50 cm tiefe Schlaglöcher) Einmal da rein fahren und das wäre es gewesen. So konzentriert bin
ich in meinem ganzen Leben noch nie gefahren. Bis auf 30 km kein Regen, immer
wieder bei potholes oder Straßensenken runter von 150 km/h (erlaubt sind
100km/h) auf 20km/h. Ca. 10 km vorm
Hafen das erste "wilde" Tier: quer über die Straße läuft eine ca.
80-100 cm große Waranechse. Die GS fährt einfach über den dicken
"Schlauch".
Ich komme exakt um 14.00 Uhr am Hafen an. Das Haupttor ist geschlossen.
Endlich finde ich jemanden, der das Tor öffnet. Ich zahle meine Hafengebühr -
meine letzten 7.000 Kwachas (ca. 1, 80 Euro). Ein Treiben wie in einem
Flüchtlingscamp. Tausende von schreienden Leuten. Die Zolloffizielle tragen wie
üblich keine Uniform, du weißt echt nicht wer ist Zoll, Polizei, Abzocker,
Geldwechsler etc. Jedenfalls nötige ich einen "Offiziellen" mir das
Carnet abzustempeln. Mittlerweile bin ich Experte, ...auf auf..., ich muß an
Bord, irgendeiner will mein Pass sehen, wieviel Gepäck ich habe (was? wie mit
diesem Motorrad? Yes all the way long to Germany ... ja da staunst - staune
nicht soviel gib mir Stamp (Stempel) - hey ich fahre doch nicht wie ein
Gestörrter und dann fährt mir das Boot vor der Nase weg! ich zahle an die
Hafenbehörde US $ 30 Krangebühr, wo gibt es hier Ticket, haben die überhaupt
noch Platz? Auf geht es weiter - ich
schnappe mir einen, ich denke er ist vom Boot.
You pay later on board, sagt er. Ein Netz wird ausgebreitet, ich fahre
mit der GS darauf, 4 Haken dran und hoch geht es. Stopp, where is your ticket?.
I pay later my friend. But stopp, I need my camera. Er will ohne Ticket nicht
weiter machen. Ich gebe dem Kranführer das Zeichen: get on, lift the BMW on
board. Er folgt mir erstaunlich. My BWM GS can even fly!
An Bord geht das Palaver weiter. Die BMW steht vor der Toilette. Nun kommt der Schiffskran zu seinem Einsatz.
Jetzt ohne Netz. Ja mit einer Ducatti geht das nicht. Die BMW hat Überholbügel.
Nackter Metallhaken auf nacktem Metall (Thomas, da darfst du nicht so pingelig
sein) und meine BMW fliegt wieder auf das obere Deck und bekommt den besten
Aussichtsplatz auf dem Schiff. Mit ihren Doppelscheinwerfer kann sie hier dem
hektischen Treiben bestens folgen. Ich
muß Bakschisch an meine "Helfer" verteilen. Der Captain, wirklich ein
netter Kerl, hilft mir und sagt, daß ich später zahlen kann.
Ich treffe Will, ein Engländer aus Süd-London, der mit dem Fahrrad durch
ganz Afrika fährt (er ist seit 4 Monaten unterwegs). Er paßt während der
Verladungsprozedur auf meinen Rucksack auf. Es stellt sich später heraus, daß
wir Zimmergenossen werden in der "President's Suite". So taufen wir
unsere 1. Klasse Eckkabine ohne Strom. Sie kostet für die 3-tägige Reise US $
100. ( ca US$ 30 mehr als die restliche 2. Klasse im Unterdeck exkl. Gasmaske).
Dann geht unser Entertainementprogramm los: Einige Dutzend Leute auf dem Schiff
schreien, verhandeln, streiten mit ebenso vielen Händlern am Uferkai. Das
Schiff legt langsam ab. Plötzlich erlebe ich die Börse in ihrer Urform. Es muß
ein Ritual sein - der Kapitän legt betont langsam ab, das Geschrei nimmt zu und
plötzlich fliegen Plastikbeutel mit Geld Richtung Uferkai, im Gegenzug fliegt
Ware an Bord. Das ist Afrika live! Als das Boot schon über 1 m vom Kai entfernt
ist, geht die Post ab, die letzten
Transfers werden abgeschlossen. Toilettenpapier, Ananas, Mehl- und Maissäcke,
Getränke, Zucker etc wechseln ihren Besitzer und das mit einem höllischen Lärm.
Jetzt erfahre ich, daß ich Riesenglück hatte, das Schiff geht nur alle
14 Tage. Mir stehen unvergleichliche
Tage bevor. Das Schiff legt auf der Strecke ca. 20mal an. Jedesmal kommt unter
ohrenbetäubenden Lärm Ware an Bord. Und
Leute per Langboote. 400 Hundert Leute ist die Kapazität. Ich schätze, dass wir
locker 600-700 hier sind. Beim ersten
Stopp bekommen wir ca. 300 Säcke mit Mais, jeder 10. Sack platzt. Who cares!
Beim nächsten Stopp kommen ca. 5 größere Langboote längs an die Schiffsflanken
und bringen Dörrfisch. Wie beschrieben, 2 Toiletten für all die Leute,
dazwischen die Schiffskombüse. (mit
typischem englischen Humor) taufen wir unsere "Cruise" in "Fish
& Piss Luxur y Cruise" um. Die haben hier auch eine Dusche. Ich dusche mich dort jedenfalls nicht! Okay
hier bist du Inside Afrika. Ständig kommen neue Ladungen, Leute, Frauen mit
Kindern. Letztere schlafen auf den Gängen. Dann kommen mal wieder ca. 1000
Kannister mit Palmöl. Immer wieder kommen kleine Fischerboote längsseits und bringen
Früchte und Fisch. Keine 2 m vor unserer Kabine türmt sich der Dörrfisch in der
Sonne. In unserer Kabine riecht es wie in einer Konservendose (glaubt mir ,
vielleicht haben Will und ich schon ein "Gschmäckle", aber es kommt
meistens von draußen rein!). Absolut Spitze ist der Außenlautsprecher, der
ausgerechnet an unserer Kabine befestigt ist, aus ihm tönt nonstop mit voller
Lautstärke afrikanisches "Gejodel". Um 1 Uhr morgens! kommt der
tasianische Zoll er will für mein Bike road tax (US$20) und Petrol Tax (US $5).
Er hat aber keine Quittung. Du kommst mir gerade recht. Nicht mit mir altem
Afrikahasen. No receipt, no stamp - no money my honey. Er stempelt mein Carnet
ab, ich bekomme meine Quittung und wir sind quitt. Er versichert mir, daß ich
keine weitere Visagebühren oder roadtax bei meiner späteren Wiedereinreise in
ca. 10 Tagen zahlen muß.
Und ich erkläre ihm mit Schmunzeln, daß ich mir die Petrol tax wieder
hole, falls es in Tansania kein Sprit gibt. Ich drohe mit Angela (Merkel), she
makes the French president flying feet, you know what I mean.
Ich bin jetzt offiziell in Tansania, zwar nur auf dem Wasser und der
Visa guy stellt fest, daß ich gar nicht offiziell aus Sambia ausgereist bin.
Vor lauter Hektik habe ich das Emigration Office vergessen. Okay sollen sich
mich halt weiterhin in Sambia vermuten.
Will und ich gehen essen, tauschen Dollars in Tausende von tansanischen
Schillings, trinke ein Tusker-Bier und esse Fisch mit Reis und Tomatensosse.
Wenn du Hunger hast, ißt du alles (nach ca 36 Stunden meine erste Mahlzeit).
Das ganze Schiff ist ein einziger afrikanischer Mikrokosmos:
farbenprächtig, vielschichtige Hautfarben, Stämme, Religionen. Fall mir ja
nicht über die gerade betende Muslims. Haben die ein GPS? Nach meiner Meinung
verneigen sie sich in die falsche Richtung. Wir fahren Richtung Norden, Mekka
liegt aber östlich. Ich treffe einen weiteren Deutschen mit seiner indischen
Frau. Wir tauschen Roaderfahrungen aus. Meine Entscheidung gegen Malawi war
richtig. Nächsten Tag treffe ich einen älteren deutschen Architekten, der mit
50 aus seinem Job ausgestiegen ist und seit 20 Jahren jedes Tag 3-4 Monate mit
seinem Bus quer durch Afrika fährt. Er gibt mir tolle Tipps zu
Straßenverhältnisse, Versicherungen und dass hier noch keine richtige Regenzeit
ist. Vielleicht habe ich mit Botswana den schlimmsten Regen schon hinter mir.
Jedenfalls übernachte ich anschließend 2 Nächte in Kigamo bei dem Norweger
Jacobson, der dort ein bißchen außerhalb ein tolles Strand-Guesthouse
unterhält. Diesen Tipp bekomme ich von einem Schweden, der dort immer seinen
Winterurlaub verbringt. Dort werde ich mich duschen und schwimmen gehen.
Will und ich haben viel Spass, wir unterhalten uns mit vielen
Afrikanern. Will ist fertig mit dem Studium und wird anschließend 3 Jahre bei
der Royal Army dienen um seine Schulden zurück zu zahlen. Ich liebe
einfach seinen britischen Humor - er
erinnert mich einfach an meine Studienzeit in England.
Trotz Gerüche, Gedränge und Lärm sind diese 3 Tage auf der Liemba einer
meiner größten Highlights, die ich jemals auf meinen vielen Reisen erlebt habe.
Authentischer geht Afrika einfach nicht mehr.
Ich muß jetzt einfach aufhören, draußen dröhnt der Lautsprecher. Seit
über 10 Minuten ertönen islamische Gebetslieder.
So long.
So long.
Servus Rolf,
AntwortenLöschenverfolgen jedes Mal gespannt Deine Ausführungen. Mechthilde und ich lachen uns jedes mal halb kaputt.
Du bist einfach ein Genie, nicht nur bei Deinen Erzählungen.
Wir waren letzte Woche im Hochkönig-Gebiet. Liegt etwa um Bischofshofen (Vierschanzentournee). Schnee bis zum Abwinken. Auf den Dächern waren mehr Menschen beim Schneeschaufeln als auf den Schipisten (haha). Ich musste immer lachen, wenn ich die Leute auf den Dächern arbeiten sah und vor ihnen zwei Meter Schneehöhe. Das Lachen wurde dann zum Nachdenken, da das Gebälk anfing zu knarren. Also nichts wie runter mit dem Schnee.
Zwei Tage hatten wir dann schönes Wetter, danach Abreise und schon wieder Schnee. Jetzt wird es richtig kalt. Wir erwarten ca. 20 Grad Minus. Im Osten ist es schon soweit. München hatte heute 13 Grad Minus. Das Wetter kommt aus Russland, genauer gesagt aus Sibirien. Eine richtig trockene Kälte. Genieße das Klima in Afrika.
So, nun weiterhin viel Glück bei Deinen Abenteuern. Wir sind immer gespannt auf Deine Ausführungen.
Grüßle aus dem Badischen.
Thomas und Mechthilde
Servus Rolf,
AntwortenLöschenverfolgen jedes Mal gespannt Deine Ausführungen. Mechthilde und ich lachen uns jedes mal halb kaputt.
Du bist einfach ein Genie, nicht nur bei Deinen Erzählungen.
Wir waren letzte Woche im Hochkönig-Gebiet. Liegt etwa um Bischofshofen (Vierschanzentournee). Schnee bis zum Abwinken. Auf den Dächern waren mehr Menschen beim Schneeschaufeln als auf den Schipisten (haha). Ich musste immer lachen, wenn ich die Leute auf den Dächern arbeiten sah und vor ihnen zwei Meter Schneehöhe. Das Lachen wurde dann zum Nachdenken, da das Gebälk anfing zu knarren. Also nichts wie runter mit dem Schnee.
Zwei Tage hatten wir dann schönes Wetter, danach Abreise und schon wieder Schnee. Jetzt wird es richtig kalt. Wir erwarten ca. 20 Grad Minus. Im Osten ist es schon soweit. München hatte heute 13 Grad Minus. Das Wetter kommt aus Russland, genauer gesagt aus Sibirien. Eine richtig trockene Kälte. Genieße das Klima in Afrika.
So, nun weiterhin viel Glück bei Deinen Abenteuern. Wir sind immer gespannt auf Deine Ausführungen.
Grüßle aus dem Badischen.
Thomas und Mechthilde
Einfach herrlich deinen Berichten zu folgen wooooow weiterhin gute Fahrt und Spass bei deinem Abenteuer!!!
AntwortenLöschenGLG aus Weilheim
Susan
Hallo Rolf,
AntwortenLöschenich war gestern abend bei Friedrich & Josiane in Wasserbillig, und hab dort erfahren dass du inzischen auf tour bist, wir hatten uns ja zuletzt beim deep purple concert in Kü-au getroffen. also glückwunsch zu deinem sehr coolen abenteuer und danke für das tolle blogging! Weiterhin viel Spass & eine gute Zeit, have a save ride!
Helmut Haag, Trier, HD Road King Classic