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Samstag, 17. März 2012

Pharao lässt mich warten


In Wadi Halfa ist die Hölle los! Wir warten ungeduldig auf die Fähre. Tagsüber bummeln wir von Shopping Center zu  Shopping Center. Ein Edelschuppen reiht sich an den anderen. Die exklusiven Edelrestaurants kokettieren mit ihren illustren Menukarten. Abends gehen wir zur Nil-Beachparty. Feuerwerke begleiten uns, überall glitzern die Lichterketten, Discomusik dröhnt aus den Amüsierläden. Ganz im Ernst einen trostloseren Flecken kann man sich kaum vorstellen. Die Auswahl der "Lebensmittelläden" konzentriert sich auf 3 Varianten von Thunfischkonserven, 2 Sorten von Nudeln, ein paar Keksschachteln, Wasser und pappsüsse Softdrinks und Coca-Cola. Alkohol ist strikt verboten im Sudan. Zum Essen gibt es Eier in allen Varianten, auch der "echte Fruchtcocktail " besteht aus 50% reinem Zucker, der Rest ist Wasser mit ein paar gemixten Früchten. Auch der Tee strotzt nur von Zucker. Ab 19.00 Uhr ist es schlagartig dunkel. Nightlife tote Hose.

Endlich "News". Das Transportschiff trifft nach 5 Tagen verspätet ein. Kein Problem morgen verladen wir zunächst unsere Fahrzeuge, anschließend geht es auf das Passagierschiff und ab nach Ägypten. Am nächsten Tag warten wir noch ungeduldig auf das "Einchecken". Endlich geht es los. Zwei Toyota Land Cruisers, 2 Overlandtrucks (umgebaut als Transportbusse mit Camping Facilities analog den bekannten Rotel-Bussen), meine BMW und ca 40 ungeduldige "weisse" Passagiere. Wir erhalten unsere Tickets, die Zolldokumente sind abgestempelt. Nur noch 20 Minuten bis zur Verladung. Louis, der Holländer empfängt mich außerhalb des Zollgebäudes: "No Pontonship - Problems". Ich denke, der will mich nur verulken. Leider nicht. Das Ponton wurde nicht entladen. Warum nicht? Keine Ahnung. Jedenfalls sollen wir unsere Fahrzeugschlüssel
abgeben und schon vorab nach Assuan mit dem Passagierschiff fahren und dort auf unsere Fahrzeuge warten.

Jetzt habe ich aber die Schnauze voll. "I don't leave my BMW here alone!. Get it on board of the passenger boat - but now". Total überrumpelt von meinem resoluten Auftreten, bekam ich von der Hafenbehörde innerhalb von Minuten eine Ausnahmegenehmigung mit der Auflage, dass ich aber sämtliches Benzin ablassen soll. Da ich aber keine Ahnung habe, wo ich an der BMW Sprit ablassen kann, borge ich mir von einem der Overlandtrucker ein Stück Schlauch und sauge meinen Tank leer. Ich weiss zwar nicht wie 95 Oktan Benzin schmeckt, aber 91 Oktan Benzin ist auch kein Odol-Ersatz. Nach einer kräftigen Mundspülung fühle ich mich von den Dämpfen ziemlich "high". Rein mit der BMW durch die enge Türe. Geschafft. Nach 16 Stunden erreichen wir den Hafen von Assuan, Ägypten. Nachts schlafen wir "Ausländer" im Freien auf dem Oberdeck. Unten herrscht die übliche "Fish and Piss"- Atmosphäre. Mein bewährtes Rezept - 12 Stunden vor Abfahrt nix essen und trinken, dann musst du auch keine Örtlichkeiten auf dem Schiff aufsuchen. Nachts fahren wir an der beleuchteten Abu Simbel Tempelanlage vorbei.

Wir legen an - ich soll als Erster mit der Maschine raus. Ohrenbetäubender Lärm. Die ägyptischen Zollbeamte schreien die Leute an. Niemand darf das Schiff verlassen. Da sich die Toiletten unten um die Ecke befinden und schon lange übervoll sind, stehen wir sprichwörtlich in der Pisse und die Passagiere schieben und drängeln wie von Sinnen. 30 Minuten geht die Tortur, dann wird die Türe geöffnet. Ich mit meiner BMW irgendwie über die Schwelle und 300 Passagiere hinter mir her. Ich werde schon von meinem aus dem Sudan vorab informierten Kontaktmann (Fixer) erwartet. Gott oder Allah sei Dank. Er wechselt mir 200 US Dollars in ägyptische Pfund. Keine Ahnung ob der Kurs in Ordnung geht, aber ich brauche das Geld für die Zollabwicklung. Ich vereinbare mit ihm ein Bakschisch von 35 US Dollars, falls er es schafft mich heute durch den Zoll zu bringen. Morgen ist Freitag und das heißt bei Allah Sonntag. Dann arbeitet der Zoll nicht und Samstag und der folgende Sonntag gehen mir dann mit Warten auch noch flöten. Normalerweise dauert die Zollabwicklung 2 Tage. 11 Uhr - ready-steady-go.

Ein Verwandter von ihm besorgt mir ein Visum, dann Carnet abstempeln. Zwei weitere Anlaufstationen, Louis kennt den Carnetbeamten gut, Kamal mein Fixer ebenfalls. Geld wechselt den Besitzer, fragt mich nicht wer etwas kassiert, endlich nach mehreren endlosen Tees, bekomme ich einen vorläufigen permit, Kamal fährt mit dem permit ins 16km entfernte Assuan - schließt dann für die BMW die erforderliche Pflichtversicherung ab, mit einem Bleistift paust er die Fahrgestellnummer auf ein Selbstklebeetikett und organisiert bei der Polizei eine weitere Erlaubnis und organisiert gelbe, arabische Nummernschilder. Keine Ahnung was da darauf steht. Mit Kabelbinder und Klebeband befestige ich hinten ein Schild, das zweite bewahre ich auf, beide muss ich leider wieder bei der Ausreise abgeben. In der Zwischenzeit bis Kamal von Assuan zurückkommt, bleibe ich 3 Stunden alleine im Zoll zurück. Ich "unterhalte" mich mit 6 jungen Grenzsoldaten mit den Händen und Gesten, zeige ihnen Bilder von Afrika und bekomme als Belohnung ein Fladenbrot mit Reis und eine Karotte und den obligatorischen Tee. Wirklich sehr freundlich von denen, die haben das alles privat organisiert.

Endlich darf ich nach Assuan fahren, wo schon Louis im Hotel wartet.
Was für ein Szenenwechsel - nach dem sehr beschaulichen Sudan mit all den netten Menschen - nun ein hektisches Treiben, infernales Hupkonzert, sehr laute, fast aggressive Ägypter. Chaos auf den Strassen, üppige Läden. Assuan ist eine Großstadt mit Ausflugsschiffen auf dem Nil, Hotels jeder Preiskategorie, Restaurants en masse, der Soukh (orientalische Einkaufspassage) erstreckt sich über mehrere Kilometer.
Und, und ... nach mehr als 15 Tagen die erste warme Dusche im Hotel. Hey - das ist Luxus pur. Wasser ohne Ende. Dass die Klospülung nicht funktioniert - kein großer Act. Dann schraubt man einfach den Deckel des Spülkastens ab, dreht in um und füllt ihn mit Hahnenwasser und nach mehrmaliger Prozedur ist auch das letzte "Geschäftchen" spurlos verschwunden.

Am nächsten Morgen breche ich auf und lasse Louis und die anderen "Overlander" in Assuan zurück. Mit viel Glück bekommen sie ihre Fahrzeuge in ca 5-6 Tagen. Ich fahre nach Edfu, schaue mir den Tempel an und anschließend geht es nach Marsa Alam, ein bekanntes Taucherparadies am Roten Meer. Heute ist Freitag (islamischer Sonntag!) - die zahlreichen Check Points sind nur spärlich besetzt. Mit Meat Loaf und anderer Hard Rock Music rausche ich durch die Wüste. Keine Seele in den letzten 2 Stunden. Ich komme am Roten Meer an. Tanke. Die Spritpreise sind enorm!!! Diesel kostet 0,17 Euro/Liter, Benzin 0,23 Euro/Liter.  Dann fahre ich nach Safaga Richtung Norden. Es dämmert schon gegen 18.00 Uhr. Ich finde ein kleines, preiswerte Hotel mit angegliederter Tauchstation. Der sehr dunkelhäutige, ägyptische Hotelbesitzer begrüßt mich im tiefbayrischen Dialekt. Hotel und Essen sind sehr ansprechend. Ich bleibe hier 3 Nächte. Inzwischen habe ich endlich nach vielen Anläufen eine Buchungsbestätigung von Grimaldi für meine "Evakuation" aus Afrika bekommen. Ich kann es kaum glauben. In meinem letzten "post" bekam ich den Tipp, ich solles einmal mit dem Kreuzfahrtschiff AIDA probieren - ich bleibe wie ich halt immer bin, bescheiden und heuere erst einmal auf einem Tauchboot an. 8 km geht es raus ans Panoramariff. Begleitet werden wir von Delfinen. Es ist absolute Nebensaison. Nur 8 Taucher an Bord, ich schnorchele und erschrecke die örtliche Fischwelt. Nach 3 Stunden reicht es mir und mit einem leichten Sonnenbrand kehre ich mit den anderen zurück.

Weiterfahrt Richtung Suez. Die Fähre von Hurghada nach Sharm el Sheikh fährt nicht mehr. Nicht genug Traffic. Die Unruhen in Ägypten haben im Tourismus Spuren hinterlassen. Ich muß also 400 km Richtung Norden nach Suez, unter den Kanal durch und die ganze Strecke wieder auf der anderen Seite zurück. Die Strecke zieht sich endlos, immer strammer Gegenwind, an unzähligen Hotelanlagen vorbei, gebaut wird wie wahnsinnig, für wen? Ich habe wegen der zukünftigen Belegung meine Zweifel. Irgendwann tauchen rechts vermehrt Ölbohrtürme auf. Militärposten in kleinen Camps fast alle 5km säumen die Uferstrecke. Leider ist es sehr diesig. Schade. Für Film- und Fotoaufnahmen zu trüb. Ich "unterquere" per Tunnel den Suezkanal und fahre endlich mit Rückenwind Richtung Süden auf die Sinaihalbinsel. Beim Checkpoint Richtung Kloster  St. Katharina werde ich ausgebremst. Vor gut einer Woche wurden in dieser Gegend einige Touristen von Beduinen angegriffen und auch getötet. No entry. Auch mein Einwand: I travel on my own risk hilft nicht weiter. Also fahre ich weiter Richtung Süden und ich habe mich schon so auf mein Beduinencamp (Geheimtipp von dem Tauchlehrer) gefreut. In El Tur übernachte ich, da die Nacht sehr schnell einbricht, in einem besseren Hotel (ich zahle für Halbpension den Wahnsinnspreis von Euro 55, man bedenke in Äthopien und Sudan war meine Obergrenze max. 10 Euro, oft nur 3-4 Euro. Entschädigt werde ich aber von einem hervorragenden Bungalow. Als Tischnachbarn bekomme ich beim abendlichen Dinner 15 Engländer, die aus Brighton angereist sind, um hier mit dem kite zu surfen (Drachen surfen). Selbstverständlich werde ich zum Bier eingeladen und wir haben uns wirklich toll unterhalten. Sie haben mich noch zum Surfen am nächsten Tag eingeladen, aber ich muss weiter. Auch ihr Bus wurde ein Tag vorher mit Polizeischutz auf dieser anscheinend ungefährlichen Strecke begleitet. Am nächsten Tag geht es weiter Richtung Scharm und dann wieder nordwärts Richtung Nuweiba. Kurz vor Nuweiba wieder ein Checkpoint. Der Posten faselt irgendwas von Begleitschutz Richtung Kloster St. Katharina. I nix verstehen English, gebe Gas, biege einfach ab und rausche den verdutzt dareinblickenden Militärposten davon. Sollen die spinnenden Beduinen doch kommen - mit deren ollen Kamele nimmts die BMW noch immer auf. Solange kein Sand kommt! Das Innere der Sinaihalbinsel ist eine faszinierende Wüste. Nach 1 Stunde erreiche ich St. Katharina und steige zumindest teilweise den Berg, den Moses bei seinen 10 Geboten erklimmte, hinauf. No tourists in sight. Dank den Beduinen. Leider war auch das Kloster geschlossen. Ein russisch-orthodoxer Priester, erklärte mir, dass der Aufstieg auf den Berg noch weitere 2 Stunden dauert. Plus Abstieg, ergibt 19.00 Uhr und dann zurück im Beduinenland - nachts? Nee - so verrückt bin ich dann auch wieder nicht. Rechtzeitig in der Dämmerung komme ich dank GPS Daten im campsite bei Nuweiba an. Nach einem Tag Pause geht es dann Richtung Hafen - Ägypten tschüss - per Fähre (die einzige Möglichkeit nach Jordanien) nach Aqabah.

Der Irrsinn hat System. 

Vor der Ausreise noch eine kleine Zollorgie!
Was ich an diesem Tag erlebe ist filmreif. Da mir keiner sagen kann, wann die Fähre geht, bin ich sehr pünktlich um 8.00 Uhr am Ticket Office der Fährgesellschaft. Das liest sich so einfach. Sehr fremden-freundlich ist alles exklusiv in arabisch geschrieben. Super. Nicht einmal ein Piktogramm und alle, die ich anspreche, haben Heiserkeit. Oder sprechen die arabisch? Irgendwie zahle ich mein Ticket - so um die 100 Euro. Dafür nimmt der Typ hinter dem Gitterverschlag mein Pass und Carnet des Passages. Was will der wohl mit meinen Papieren? Er zeigt mit den Fingern 10 minutes - you wait. Die Ägypter haben irgendwie eine andere Zeiteinheit - aus 10 Minuten werden mehr als eine Stunde. Endlich bekomme ich meine Papiere zurück plus 3 neue Papiere mit einigen Stempeln darauf.

Nun nimmt der Irrsinn seinen Verlauf.

Am Hafeneingang erste Kontrolle, weitere 10 Meter eine erneute Kontrolle, dann werde ich 20m weiter nach links gesandt, von dort bekomme ich einen Fresszettel mit Stempel, dann wieder zurück. Hier wieder ein Stempel, dann:  Mister wait. Welcome in Egypt, sagt er zu mir. Ich antworte  - no good-bye Egypt - mit einem breiten Grinsen. Das soll mir aber bald vergehen. Police. Warum jetzt Polizei? Ah -  ägyptische Nummerschildern entfernen! Und nun - weitere 10m vorrücken: Carnet zeigen und Pass. Der Typ knickt eine Seite vom Carnet und kritzelt etwas auf die Rückseite. Diese Variante hatte ich bisher noch nicht. Ich will aber, dass er das richtige Feld abstempelt.  No, no. wait Mister. Welcome. Plötzlich kommt ein Tourist Police. Ich bin unter Tausenden der einzige Europäer. You follow. How much is your motobike? Diese Frage werde ich noch bestimmt 50mal an diesem Tag gefragt. Nächstes Mal mache ich ein Riesen-Preisschild mit verschiedenen Währungen an mein Moped dran. Dies wird nur noch getoppt mit der Bemerkung - ah you Alemania - good - Hitler very good mit Daumen nach oben.
Mit dem "Fremdenpolizist" geht es auf Stempeljagd. Nach 200m spricht er zu einem Mann. Erst habe ich gedacht, dass ist eine Imbissbude. Der sendet uns 50m weiter, unter einem LKW liegt irgendein Beamter, der etwas sucht oder kontrolliert. Er sieht aus wie ein Mechaniker. Er entpuppt sich aber als Grenzbeamter. Er gibt uns ein Wisch mit Stempel, dann geht es weiter. 30m in einer öffentlichen Toilette (so würde man sein Büro bei uns bezeichnen) will er zunächst einmal 15 ägypt. Pfund. Er will Pass sehen, dann wieder Zettel mit Stempel, dann schickt er mich mit dem Polizisten zum "Copyshop" 500m weiter, dort zahle ich 1 Pfund, dann wieder zurück, dann bekomme ich noch einen neuen Zettel mit mehreren Stempeln, dann geht es ungelogen 800m in eine komplett andere Richtung. Dort zahle ich 10 Pfund. Bekomme dann wieder Zettel, werde 30m weiter gesandt, irgendwie peilt mein Begleiter die ganze Situation auch nicht richtig. Aber er spricht arabisch. Wir gehen wieder zurück, dann kommt neuer Typ pinselt mit Bleistift wieder Chassis No auf Klebeetikett. Dann geht es wieder zurück. Wie beim Monopoly - geh zurück ins Gefängnis - zahle brav wieder 20 Pfund (ca.Euro 3). Irgendwie schaffen wir es nach geschlagenen 2 Stunden in unserem Monopoly-Spiel über Los zu ziehen. Anstatt 4000 Euro erhalte ich plöztlich ein abgestempeltes Carnet und ein ship entry permit. Auf meine Frage: what is next? - sagt mein Begleiter: we are finished - you go now to ship! Ich gebe dem wirklich freundlichen Helfer ein Bakschisch. Endlich fertig. Ich komme an der Fähre an.
No entry - please go back - wait at terminal. Please come back in 1 hour.
Welcome in Egypt!
Nach einer Stunde komme ich zurück - no: go back, come with other buses later. Nach weiteren 3 Stunden Wartezeit in der prallen Hitze geht es endlich los. Ich zeige mein permit und oh Wunder - es fehlt ein Stempel! 500 zurück zu irgendeiner Hütte, äh Büro, aber nobody is there. Nach 5 Minuten kommt einer und gibt mir einen Stempel. Sieges gewiss gebe ich Gas und fahre Richtung Rampe. Zeige mein Permit. Alles okay. Mit dem Permit! Aber blätter, blätter, blätter, wo ist der verdammt Stempel in meinem Visum. Wieder raus aus der Fähre. Moped abstellen. Ein Minibus soll mich zum Emigration Office ca 2km Entfernung fahren. Der Fahrer hat es aber nicht eilig. Erst einmal mit Gott und der Welt ein Schwätzchen abhalten, dann bringt er mich ins falsche Gebäude. Nachdem ich in 3 falsche Büros eingefallen bin, zeigt er auf ein anderes Gebäude. Dort muss ich erst einmal wieder einen Zettel ausfüllen.
Welcome Egypt!
No - Goodbye Egypt!.
Jetzt bekomme ich endlich meinen Ausreisevermerk in mein Visum eingetragen und das ganze gratis! Gratis? Mein Fahrer spricht nur 2 Worte Englisch: Money und Tip! Du kannst mich - mit meiner Bemerkung "Welcome Egypt" und meinem Mittelfinger teile ich ihm mit was ich von dem Ganze halte und gehe die ganze Strecke zu Fuss zurück bei 30 Grad in voller Motorradkluft. Ihr könnt mich mal alle. Jetzt klappt mein "Einchecken". Ca. 10 Uniformierte stehen auf der Fähre herum und einer fragt mich: How do you like Egypt?
Da platzt mir der Kragen.
Meine Reaktion: Welcome in Egypt! I wish you all the best. In future you can enjoy your empty hotels and you can drink all lot of alcohol with your russian friends. They are the only ones who will visit your country again. (P.S. diese Meinung teilen die anderen Leidensgenossen, sprich overlander)
Sorry, sorry, Mister Rolf. antworten die Beamten.

Ich gehe schnell weiter und warte auf die Abfahrt. Gleich geht es los. Gleich? Nachdem alle nochmals 4 Stunden auf dem Schiff warten müssen. Wahrscheinlich fehlten noch bei einigen anderen die Stempel! Der Irrsinn hat halt System! Der Normal- oder auch Pauschaltourist bekommt bei seiner Ein-/Ausreise von dieser Prozedur nichts mit. Er zahlt seine 15 Dollar Visumgebühr und wirkt problemlos durchgeschleust.
Ich habe mich auf dem Schiff mit anderen arabischen Ausländern unterhalten. Die bestätigten mir, dass ägyptische Grenzprozeduren selbst für leidgeprüfte Araber eine besondere Herausforderung darstellen. Ich komme nach Mitternacht in Jordanien an. Hier klappt die Abfertigung relativ zügig innerhalb 1 Stunde.
In der Dunkelheit verpasse ich mein Hotel und lande an der saudi-arabischen Grenze keine 5km weiter. Ich drehe um, entdecke nach einigen Kilometer das Beduine Moon Village auf der anderen Straßenseite. Treibe um 2 Uhr morgens Ronny, den Manager auf und penne auch schnell nach einer wohlverdieneten, warmen Dusche ein.

Am nächsten Morgen erst einmal die emails durchgeschaut. Na wer sagt es - meine Flucht aus Afrika ist gescheitert! Meine Buchungsbestätigung für den 26.03. wurde von Grimaldi storniert. Das Schiff läuft den Hafen in Israel nicht an. Super! Aber mir wird eine Alternative angeboten - 3 Tage später anstatt Salerno nun Venedig (obwohl teurer) zum gleichen Preis und upgrade: outside cabin single anstatt inside cabin single.
Hoffentlich ist das keine neue italienische Interpretation des englischen Wortes outside: die wollen mich doch hoffentlich nicht mit einem Haken "outside" Kiel holen!

Sorry war diesmal ein längerer Beitrag - aber wer ist nicht selbst erlebt hat, kann die ganze Story nicht glauben. Welcome in Egypt!

So long...













Montag, 5. März 2012


Sand und Wind und Allah

Die letzte Nacht in Gonder, Nordäthopien. Freitag Mitternacht und Gott zumindest der äthopische-orthodoxe ist auf einmal überaus präsent. Fastenzeit beginnt. Pünktlich um Mitternacht hallt es aus allen Ecken: ein monotoner Singsang , es klingt wie ein immerwährendes Jammern. Ohne Pause, an Schlaf nicht zu denken. Endlich wird es morgen. Fast nichts geschlafen. Die Dusche geht mal wieder nicht. Am Vorabend habe ich nach langem Feilschen eine Edelfußpumpe Marke "Made in China" für ca. 12 Euro erstanden. Bin jetzt also unabhängig von "Reifendiensten". Mein schleichender Plattfuss ist jetzt kein Problem mehr. Übrigens Preise: eine Mango ca. 4 Cent, guter äthopischer Kaffee ca. 4-5 Cent, ein warmes Essen ca. 2 Euro, Pension ca. 4 Euro, Früchtecocktail ca. 35 Cent, Brotfladen ca. 5 Cent, weibliche Eskorte für die Nacht (nicht aus eigener Erfahrung, vom Hörensagen: ca. Euro 5-8!), das gleiche gilt auch für männliche Begleitung. Ihr glaubt gar nicht wieviel ältere europäische "Damen" hier sich mit einem Äthopienboy ihren Urlaub versüßen. Insgesamt ist Äthopien sehr günstig. Viele ältere Pensionäre verbringen hier günstig die kalten Wintermonate. 

Weiter geht es nach dem Sudan. An der Grenze erst einmal das übliche Chaos bei der Ausreise. Dann Passkontrolle, Visumcheck und schnell das Carnet für das Motorrad abstempeln. Schnell? Es ist 11.00 Uhr vormittags lunchtime. Nichts geht mehr. Zumindest werde ich zum Essen von den Zöllnern eingeladen. Sauerteigfladen, von dem brichst du dir ein Stück ab und tauchst es in eine der Schalen ein. Ich nehme einen großen Dip aus der Chilischale. Entsetzt starren mich 10 Augenpaare an - hey das habt ihr noch nicht gesehen - das Zeug esse ich pur und verziehe keine Miene. Wer mich kennt, der weiß, ich liebe es scharf. Sie lachen und bewundern mich. Meine Mädels vom Lager würden von den Schalen für kein Geld der Welt etwas essen. Gegessen wird immer mit der Hand - der rechten! Die linke ist unrein - mit ihr wird ja bekanntlich der Popo mit Wasser gereinigt. Deshalb gibt es hier und in den anderen islamischen Ländern kein Toilettenpapier, sondern nur eine Flasche Wasser. Also: niemals mit der linken Hand jemanden anfassen!

Wir fahren stundenlang durch Stein- und Sandwüsten. Ca. 35°C ist es tagsüber warm, nachts kühlt es stark auf 5 Grad ab. Und ständig weht ein starker Gegen- und/oder Seitenwind. Ich fahre fast 1200 km in Seitenlage und stemme mich gegen Wind- und Sandböen. Zwischen den Zähnen knirscht es ständig. Nachts zelten wir immer abseits der Straße in der Wüste.  In Karthum übernachten wir im National Camping Site. Endlich so etwas wie eine Dusche. Pünktlich um 4 Uhr weckt mich Allah. In Luftlinie 15m Entfernung ist die örtliche Moschee und markdurchdringendes Allah- Geschreie läßt mich senkrecht im Zelt auffahren. Renate und Bärbel erinnern sich da gerne an ihr Türkeiurlaub.
So ganz nebenbei erfahre ich, daß man sich im Sudan innerhalb 3 Tagen bei der Polizeibehörde registrieren muß. Wir treffen auf dem Campsite ein Schweizer Paar mit ihrem Landcruiser. Sie warten schon 3 Tage auf ihre Erlaubnis. Mit Louis Hilfe schaffen wir beide es in 1 Stunde und können weiter reisen. 

Abends übernachten wir in der Nähe von einem nubischen Pyramidenort. Patrick und Alexandra, die Schweizer, stoßen durch Zufall ebenfalls mitten in der Wüste auf unser 2er Konvoi. Wir schlagen zusammen unser Camp auf. Keine 10 Minuten vergehen und aus dem Nichts erscheinen Kamele. Sonnenuntergang, orangefarbene Dünen, Camp und Beduinen.  Eine filmreife Szene. In den nächsten 3 Tagen bleibt unser 3er Konvoi zusammen und wir besichtigen Temple, Pyramiden. Louis entpuppt sich als absoluter Antikexperte. Er hat schon über 1,3 Millionen Bilder in Ägypten, Sudan und Äthopien von den Ausgrabungen geschossen und auch schon manche unbekannte Fundstelle selbst entdeckt. Er  kennt fast jeden Stein in der Wüste und ist ein hervorragender Guide. Da er schon mehrmals in diesen Ländern reiste, kennt er viele Einheimische und wird überall willkommen geheißen. Unterwegs sehen wir ein Goldgräbercamp. Im Sudan wurde erst kürzlich Gold gefunden und Tausende von Sudanesen haben ihr Hause verlassen und sitzen in Löchern und waschen nach Goldnuggets. Die meisten finden nichts und ruinieren ihre Gesundheit mit Quecksilber mit dem sie den Goldstaub in Klumpen zu binden versuchen. 

Wir kommen im Nordsudan in Wadi Halfa an. Hier warten Louis und ich auf die 2 Fähren. Die Schweizer haben leider kein gültiges Carnet für Ägypten und versuchen ihr Glück über Port Sudan nach Saudi-Arabien. Für das Transitvisum haben sie tagelang warten müssen.

Louis und ich warten auf eine Spezialfähre für Fahrzeuge und die Passagierfähre. Das Problem ist die Transportfähre, die reguläre ist kaputt und wir beide können auf eine private unterkommen. Sie hat gerade noch Platz für unsere 2 Fahrzeuge. Wann sie aber kommt, erfahren wir erst in Kürze. Solange müssen wir uns einfach gedulden. So hocken wir hier in diesem gottverlassenen Nest (Allah ist aber doch hier - pünktlich jeden morgen um 4-5 Uhr) und vertrödeln unsere Zeit. Hier gibt es einfach gar nichts - nur Tee trinken. Alkohol und kurze Hosen hat Allah hier verboten.

Eine fertig geteerte Überlandstrecke existiert zwischen den beiden Ländern. Sie wird aber aus politischen Gründen nicht frei gegeben. Irgendeiner in Kairo verdient anscheinend viel Geld mit dem Fährverkehr.

Ich habe inzwischen Kontakt mit Grimaldi Lines - einem italienischen Container- und Frachtdienst aufgenommen und hoffe gegen Ende März über Israel eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen. Einen genauen Termin kann ich noch nicht in Angriff nehmen, da sich mein Transfer nach Ägypten noch immer verzögern kann. Jedenfalls sobald ich in Ägypten bin, werde ich direkt ans Rote Meer fahren (am Nil entlang gibt es viele Unruhen und Kontrollen), ich lasse also Luxor, das ich vor 3 Jahren schon besucht hatte,  sprichwörtlich  links liegen und fahre direkt nach Suez, durch den Tunnel unter den Suezkanal zur Sinaihalbinsel (Auswärtige Amt warnt vor Reisen auf die Sinaihalbinsel wegen Terroranschlägen). Hier möchte ich das Katharienkloster (das mit den 10 Geboten Moses etc.) besuchen, anschließend dann nach Petra,Jordanien auf den Spuren von Indiana Jones wandeln und dann nach Israel Roll-on aufs Containerschiff und roll-off in Italien. So ist mein Plan.

Auf alle Fälle wartet in Assuan, mein nächster Zielhafen in Ägypten, eine warme, echte Dusche auf mich. Irgendwann hast du es satt dich mit brachigem Nilwasser aus irgendwelchen Pisskübeln zu duschen.

So long