Trailer

Montag, 5. März 2012


Sand und Wind und Allah

Die letzte Nacht in Gonder, Nordäthopien. Freitag Mitternacht und Gott zumindest der äthopische-orthodoxe ist auf einmal überaus präsent. Fastenzeit beginnt. Pünktlich um Mitternacht hallt es aus allen Ecken: ein monotoner Singsang , es klingt wie ein immerwährendes Jammern. Ohne Pause, an Schlaf nicht zu denken. Endlich wird es morgen. Fast nichts geschlafen. Die Dusche geht mal wieder nicht. Am Vorabend habe ich nach langem Feilschen eine Edelfußpumpe Marke "Made in China" für ca. 12 Euro erstanden. Bin jetzt also unabhängig von "Reifendiensten". Mein schleichender Plattfuss ist jetzt kein Problem mehr. Übrigens Preise: eine Mango ca. 4 Cent, guter äthopischer Kaffee ca. 4-5 Cent, ein warmes Essen ca. 2 Euro, Pension ca. 4 Euro, Früchtecocktail ca. 35 Cent, Brotfladen ca. 5 Cent, weibliche Eskorte für die Nacht (nicht aus eigener Erfahrung, vom Hörensagen: ca. Euro 5-8!), das gleiche gilt auch für männliche Begleitung. Ihr glaubt gar nicht wieviel ältere europäische "Damen" hier sich mit einem Äthopienboy ihren Urlaub versüßen. Insgesamt ist Äthopien sehr günstig. Viele ältere Pensionäre verbringen hier günstig die kalten Wintermonate. 

Weiter geht es nach dem Sudan. An der Grenze erst einmal das übliche Chaos bei der Ausreise. Dann Passkontrolle, Visumcheck und schnell das Carnet für das Motorrad abstempeln. Schnell? Es ist 11.00 Uhr vormittags lunchtime. Nichts geht mehr. Zumindest werde ich zum Essen von den Zöllnern eingeladen. Sauerteigfladen, von dem brichst du dir ein Stück ab und tauchst es in eine der Schalen ein. Ich nehme einen großen Dip aus der Chilischale. Entsetzt starren mich 10 Augenpaare an - hey das habt ihr noch nicht gesehen - das Zeug esse ich pur und verziehe keine Miene. Wer mich kennt, der weiß, ich liebe es scharf. Sie lachen und bewundern mich. Meine Mädels vom Lager würden von den Schalen für kein Geld der Welt etwas essen. Gegessen wird immer mit der Hand - der rechten! Die linke ist unrein - mit ihr wird ja bekanntlich der Popo mit Wasser gereinigt. Deshalb gibt es hier und in den anderen islamischen Ländern kein Toilettenpapier, sondern nur eine Flasche Wasser. Also: niemals mit der linken Hand jemanden anfassen!

Wir fahren stundenlang durch Stein- und Sandwüsten. Ca. 35°C ist es tagsüber warm, nachts kühlt es stark auf 5 Grad ab. Und ständig weht ein starker Gegen- und/oder Seitenwind. Ich fahre fast 1200 km in Seitenlage und stemme mich gegen Wind- und Sandböen. Zwischen den Zähnen knirscht es ständig. Nachts zelten wir immer abseits der Straße in der Wüste.  In Karthum übernachten wir im National Camping Site. Endlich so etwas wie eine Dusche. Pünktlich um 4 Uhr weckt mich Allah. In Luftlinie 15m Entfernung ist die örtliche Moschee und markdurchdringendes Allah- Geschreie läßt mich senkrecht im Zelt auffahren. Renate und Bärbel erinnern sich da gerne an ihr Türkeiurlaub.
So ganz nebenbei erfahre ich, daß man sich im Sudan innerhalb 3 Tagen bei der Polizeibehörde registrieren muß. Wir treffen auf dem Campsite ein Schweizer Paar mit ihrem Landcruiser. Sie warten schon 3 Tage auf ihre Erlaubnis. Mit Louis Hilfe schaffen wir beide es in 1 Stunde und können weiter reisen. 

Abends übernachten wir in der Nähe von einem nubischen Pyramidenort. Patrick und Alexandra, die Schweizer, stoßen durch Zufall ebenfalls mitten in der Wüste auf unser 2er Konvoi. Wir schlagen zusammen unser Camp auf. Keine 10 Minuten vergehen und aus dem Nichts erscheinen Kamele. Sonnenuntergang, orangefarbene Dünen, Camp und Beduinen.  Eine filmreife Szene. In den nächsten 3 Tagen bleibt unser 3er Konvoi zusammen und wir besichtigen Temple, Pyramiden. Louis entpuppt sich als absoluter Antikexperte. Er hat schon über 1,3 Millionen Bilder in Ägypten, Sudan und Äthopien von den Ausgrabungen geschossen und auch schon manche unbekannte Fundstelle selbst entdeckt. Er  kennt fast jeden Stein in der Wüste und ist ein hervorragender Guide. Da er schon mehrmals in diesen Ländern reiste, kennt er viele Einheimische und wird überall willkommen geheißen. Unterwegs sehen wir ein Goldgräbercamp. Im Sudan wurde erst kürzlich Gold gefunden und Tausende von Sudanesen haben ihr Hause verlassen und sitzen in Löchern und waschen nach Goldnuggets. Die meisten finden nichts und ruinieren ihre Gesundheit mit Quecksilber mit dem sie den Goldstaub in Klumpen zu binden versuchen. 

Wir kommen im Nordsudan in Wadi Halfa an. Hier warten Louis und ich auf die 2 Fähren. Die Schweizer haben leider kein gültiges Carnet für Ägypten und versuchen ihr Glück über Port Sudan nach Saudi-Arabien. Für das Transitvisum haben sie tagelang warten müssen.

Louis und ich warten auf eine Spezialfähre für Fahrzeuge und die Passagierfähre. Das Problem ist die Transportfähre, die reguläre ist kaputt und wir beide können auf eine private unterkommen. Sie hat gerade noch Platz für unsere 2 Fahrzeuge. Wann sie aber kommt, erfahren wir erst in Kürze. Solange müssen wir uns einfach gedulden. So hocken wir hier in diesem gottverlassenen Nest (Allah ist aber doch hier - pünktlich jeden morgen um 4-5 Uhr) und vertrödeln unsere Zeit. Hier gibt es einfach gar nichts - nur Tee trinken. Alkohol und kurze Hosen hat Allah hier verboten.

Eine fertig geteerte Überlandstrecke existiert zwischen den beiden Ländern. Sie wird aber aus politischen Gründen nicht frei gegeben. Irgendeiner in Kairo verdient anscheinend viel Geld mit dem Fährverkehr.

Ich habe inzwischen Kontakt mit Grimaldi Lines - einem italienischen Container- und Frachtdienst aufgenommen und hoffe gegen Ende März über Israel eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen. Einen genauen Termin kann ich noch nicht in Angriff nehmen, da sich mein Transfer nach Ägypten noch immer verzögern kann. Jedenfalls sobald ich in Ägypten bin, werde ich direkt ans Rote Meer fahren (am Nil entlang gibt es viele Unruhen und Kontrollen), ich lasse also Luxor, das ich vor 3 Jahren schon besucht hatte,  sprichwörtlich  links liegen und fahre direkt nach Suez, durch den Tunnel unter den Suezkanal zur Sinaihalbinsel (Auswärtige Amt warnt vor Reisen auf die Sinaihalbinsel wegen Terroranschlägen). Hier möchte ich das Katharienkloster (das mit den 10 Geboten Moses etc.) besuchen, anschließend dann nach Petra,Jordanien auf den Spuren von Indiana Jones wandeln und dann nach Israel Roll-on aufs Containerschiff und roll-off in Italien. So ist mein Plan.

Auf alle Fälle wartet in Assuan, mein nächster Zielhafen in Ägypten, eine warme, echte Dusche auf mich. Irgendwann hast du es satt dich mit brachigem Nilwasser aus irgendwelchen Pisskübeln zu duschen.

So long











































2 Kommentare:

  1. Jetzt bleiben Sie mal locker !!
    Hey Herr Rilling ! Ich lese in Ihrem letzten Beitrag zwischen den Zeilen etwas Resignation heraus. Sie werden sich doch nicht wegen solch kleinen Problemen wie den Containerschiffverbindugnen unterkriegen lassen. Das wäre doch gelacht.
    Angesichts Ihrer Lage, habe ich mir das heute Mittag mal näher angeschaut und mache Ihnen folgende Vorschläge wie Sie am Besten "weiter kommen". Und zwar:
    Vorschalg 1: Sie fahren einfach zurück nach Kapstadt, den Weg kennen Sie ja bereits. Wäre aber wohl etwas langweilig.
    Vorschlag 2: Sie fahren einfach gerade aus hoch (auf der Karte) nach Port Said, Ägypten. Dort legt am 14.12.2012 die "Astor" (Kreuzfahtschiff) an. Die nehmen Sie bestimmt mit. Bieten Sie sich denen als Alleinunterhalter für Abendshows an. Den Job haben Sie so gut wie im Sack. O.k. 14.12.12 ist noch etwas hin. Aber bis dahin können Sie ja mal Ihr Moped reinigen. Denn so dreckig mögen das die Leute (Rentner) auf dem Kreuzfahrer nicht haben. Und zum Weihnachtsgeschäft von B&B sind Sie dann auch fast noch rechtzeitig da.
    Vorschlag 3: Sie fahren halb rechts nach Safage, Ägypten. Dort legt am 23.03.12 die AIDAblu an. Dort das gleiche Spiel mit Alleinunterhalter etc. Da das eben am roten Meer ist müssen Sie mal sehen wie schnell Sie da nach Hause kommen. Vielleicht müssen Sie dann unten rum um Afrika, dann wirds kanpp mit dem Weihnachtsgeschäft.
    Also, einer der drei Vorschläge wird ja wohl klappen.

    Sie wissen ja: "Das schönste an der Schifffahrt sind die Lieder".

    Bis dann. Grüße RO

    AntwortenLöschen
  2. Rolf! It's Daniel from Lake Tanganyika. Where are you now? Did you make it through north Iraq? I made it to Cape Town. Weather is fantastic! All the best

    AntwortenLöschen